Selbstbedienungsbasar Politik

Die laufenden Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und CDU in Sachsen-Anhalt haben kürzlich zu einer unhaltbaren und hoffentlich nicht ernst gemeinten Ankündigung geführt. Aufgrund von Personaldebatten bezüglich der Besetzung von MinisterInnenposten soll die Zuständigkeit für den Hochschulbereich aus dem Kultusministerium in das Wirtschaftsministerium überführt werden. Grund hierfür könnte Prof. Dr. Birgitta Wolff sein, die (ehemals Kultusministerin) das Wirtschaftsressort übernehmen soll. Dieses Vorhaben birgt jedoch zwei nicht zu legitimierende Annahmen.

Erstens entsteht der Eindruck das zentrale Bereiche des öffentlichen Lebens, hier Hochschulbildung, wie in einem Selbstbedienungsladen nach persönlicher Präferenz verschachert werden und Zweitens, dass der Prozess zur Unterwerfung von gesellschaftlichen Teilbereichen unter die Regeln des Marktes, auf Grundlage von neoliberlaen Gedankengängen, vorangetrieben werden soll. Ein Beispiel ist der Rahmenvertrag für Forschung und Innovation aus dem Jahr 2007, der sicherlich aus bestimmten Perspektiven für Sachsen-Anhalt eine gute Sache ist, von einem kritischen Standpunkt aus jedoch bedenklich. Wenn der Prozess der Bildung und Forschung zunehmend dem Wettbewerb im Kontext der engeren Zusammenarbeit von Bildung und Wirtschaft unterworfen wird, besteht die Gefahr der Degradierung unserer Hochschulen zu den viel benannten "Bildungsfabriken", auch im Hinblick auf die Bachelor/Master-Umstellung. Kürzeres Studium, mehr Konkurrenz, Elitisierung und weniger Qualität in der Breite der kommenden BerufseinsteigerInnen sind die Konsequenz. Die Übernahme der Verantwortung für die Hochschulen durch das Wirtschaftsministerium wäre in diesem Zuge ein Wink mit Zaunpfahl.
Aus diesen Gründen waren wir gemeinsam mit ca. 100 Studenten und VertreterInnen anderer Organisationen am Montag vor dem Landtag um die Verantwortlichen zu einer persönlichen Stellungnahme zu bewegen. Anfangs war Frau Wolff bei den Demonstrierenden erschienen. Sie ließ sich aber nicht davon überzeugen vor den gesprächsbereiten und ratlosen Studenten diese Art und Weise der Politik zu erklären. Ein Rückschlag für manifeste Grundlagen unserer Demokratie. Dialog und Verhandlung als auch dem Bedarf an Legitimation für politisches Handeln wurde eine Abfuhr erteilt.